Einleitung
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat sich mit der Frage befasst, wann ein Arbeitgeber die e-mails eines (ehemaligen) Mitarbeiters überprüfen darf – und ob diese e-mails zulässige Beweismittel in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren sind.
Sachverhalt:
Heimliche Arbeit für die Konkurrenz
Die Klägerin war bei der Beklagten als Kreditsachbearbeiterin in der Hypothekenabteilung angestellt. Die Beklagte betreibt eine gewerbliche Kreditvermittlung, sowohl über einen Onlineportal als auch über Außendienstmitarbeiter.
Die Beklagte erhielt eine e-mail von einem ehemaligen Kunden. Dieser beschwerte sich darüber, dass die Beklagte seine Kontaktdaten an ein anderes Unternehmen weitergeleitet hätte, das sich ebenfalls mit Kreditvermittlung befasste. Die Beklagte hatte selbst die Kontaktdaten nicht weitergegeben. Sie hatte aber den Verdacht, dass eine Mitarbeitern heimlich für den Konkurrenten tätig war und diesem die Daten von Kunden zur Verfügung stellte, die an einem Kredit interessiert waren.
Prüfung der e-mails
Die Beklagte, suchte daraufhin mithilfe der Suchfunktion nach dem Namen des Konkurrenten. Sie fand ein Worddokument. Daraufhin durchsuchte sie Netzwerk- und Serverprotokolle. Sie fand verschiedene Einträge, aus denen sich ergab, dass ihre Arbeitnehmerin e-mails mit Kreditanfragen an ihre private e-mail-Adresse weitergeleitet hatte. Außerdem verfügte die Arbeitnehmerin über eine e-mail-Adresse mit der Domainendung @x-kredite, die zu dem Wettbewerber gehörte.
Kündigung und Klage
Die Arbeitgeberin kündigte die Arbeitnehmerin fristlos. Diee erhob Kündigungsschutzklare. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin am 31.07.2017 Kündigungsschutzklage.
Die Arbeitnehmerin räumte ein, bereits während des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten, den Konkurrenten außerhalb ihrer Arbeitszeit bei der Stellung von Anträgen im Zusammenhang mit Immobilienfinanzierung unterstützt zu haben. Deswegen habe ist über eine eigene E-Mail Adresse bei dem Konkurrenten verfügt.
Die Beklagte erhob Widerklage. Sie machte eine Zahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von ca. 72.600 € geltend. Die Klägerin beantragte die Widerklage abzuweisen.
Entscheidung des Gerichts:
Das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen wies die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin in erster Instanz ab. Es wies allerdings auch die Widerklage ab, mit der die Arbeitgeberin Schadensersatz geltend gemacht hatte.
Berufung zum Landesarbeitsgericht
Argument der Arbeitnehmerin
Deshalb legte die Arbeitgerin Berufung ein. Sie machte geltend, die Arbeitnehmerin habe gegen ein gesetzliches Wettbewerbsverbot verstoßen. Deshalb sei sie zum Schadensersatz verpflicht. Den Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die Höhe des Schadens wollte sie mithilfe der e-mails nachweisen, die die Arbeitnehmerin geschrieben hatte.
Die Arbeitnehmerin machte dagegen geltend, der Arbeitgeber sei nicht berechtigt gewesen, ihre e-mails zu durchsuchen. Aus diesem Grunde seien die e-mails kein zulässiges Beweismittel. Das Gericht dürfe sie daher nicht berücksichtigen.
Argumentation des Gerichts
Verhältnismäßigkeit des Eingriffs
Das Gericht war der Auffassung, dass die Prüfung der e-mails gerechtfertigt gewesen sei. Daher seien die e-mails auch als Beweismittel verwertbar.
Die Kontrolle der e-mails sei nicht ohne Anlass erfolgt. Vielmehr habe zu diesem Zeitpunkt bereits der konkrete Verdacht bestanden, dass die Arbeitnehmerin für die Konkurrenz tätig gewesen sei. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin sei nicht schwerwiegend. Er sei geeignet und erforderlich gewesen, um das angestrebte Ziel zu erreichen.
Die Auswertung der e-mails sei beschränkt gewesen. Nur e-mail mit einem Bezug zu der Tätigkeit für die Konkurrenz seien untersucht worden. Der Arbeitgeber hätte auch keine andere Möglichkeit gehabt. Ihm hätten keine Mittel zur Verfügung gestanden, den Sachverhalt zu ermitteln, die weniger in die Privatsphäre der Arbeitnehmerin eingegriffen hätten.
Man müsse zwischen dem Interesse an der Aufklärung und dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht abwägen. Diese Abwägung ergebe, dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht ausser Verhältnis zu dem Eingriff stehe.
Kein Verstoß gegen Datenschutz
Auch der Datenschutz stehe der Verwertung der e-mails nicht entgegen. Sowohl die Beibringung der e-mails als Beweismittel als auch deren Verwertung durch das Gericht seien nach der DSG-VO zulässig. Zur Begründung verwies das Gericht auf Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) der DSG-VO, demzufolge die Verarbeitung von Daten gerechtfertigt ist, wenn es ein legitimes Interesse an der Verarbeitung gibt.
Auch das Bundesdatenschutzgesetz stehe der Verwertung nicht engegen. Nach § 26 des Bundesdatenschutzgeseztes sei die Verarbeitung personenbezogener Daten für das Beschäftigungsverhältnis zulässig, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses oder seine Beendigung erforderlich sei. Zur Durchführung gehöre auch die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seine Pflichten erfüllt habe. Der Arbeitgeber dürfe grundsätzlich alle Daten speichern und verwenden, die er benötige um in einem Prozess Beweis erbringen zu können.
Urteil des EGMR im Fall „Barbulescu“ steht nicht entgegen
Die Verwertung der e-mails stehe auch den Grundsätzen nicht entgegen, die die Große Kammer des EGMR im Fall „Barbulescu“ aufgestellt habe. In diesem Fall hatte ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter entlassen, weil er einen Messenger-Dienst,der dienstlichen Zwecken dienen sollte, privat genutzt hatte. Der EGMR sah darin einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK.
Das Landesarbeitsgericht verwies aber darauf, dass der EGMR es als wesentlich angesehen habe, dass es hinreichende Mechanismen zum Schutz des Arbeitnehmers gegen willkürliche Kontrollen gebe. Dies sei hier der Fall.
Das Gericht gab der Klage auf Schadensersatz daher weitgehend statt.
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.01.2019 – 5 Sa 226/18 (ArbG Ludwigshafen)